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05/2018 Mehrgeschossig bauen mit Holz

BAUEN

Suurstoffi 22: Der (noch) höchste Holzbau der Schweiz

Sechsunddreissig Meter, zehn Geschosse, ein Rekord: Das Bürogebäude Suurstoffi 22 ist das erste Holzhochhaus der Schweiz und einzigartig hinsichtlich seines Verbund-Tragsystems, das eigens dafür entwickelt wurde.

Text Burkard Meyer Architekten, SD | Fotos Markus Bertschi

Hohe Häuser sind seit dem späten 19. Jahrhundert Ausdruck für Urbanität und technische Innovation. In den vergangenen Jahren erlebte dieser Bautyp auch in den suburbanen Siedlungsgebieten eine starke Ausbreitung. Das zeigt den Anspruch, auch ausserhalb der Metropolen verdichtet zu bauen. Im Fall der Ortschaft Rotkreuz im Kanton Zug sind diese Faktoren ein wesentlicher Treiber für die bauliche Entwicklung des neuen Quartiers auf dem ehemaligen Industrieareal Suurstoffi: Dort schreibt nun das Bürogebäude Suurstoffi 22 mit seinen 36 Metern in Holzbauweise einen Schweizer Höhenrekord. Geplant wurde es von Burkard Meyer Architekten aus Baden (AG). Bei der Planung für das Bürogebäude bildeten Fragen zur typologischen Ausbildung eines generischen Programms, die folgerichtige konstruktive Umsetzung als Holzbau, sowie der angemessene architektonische Ausdruck in einem referenzlosen Kontext das gedankliche Gerüst des Entwurfs.

So entstand das erste Bürohochhaus der Schweiz in Holzbauweise. Das Fehlen eines konkreten Nutzers und der hohe Anspruch an Flexibilität führten im Erdgeschoss zu einer offenen Struktur, die mehrere Zugänge und Foyers für unterschiedliche Nutzer ermöglicht. Die Zonierung der Bürogeschosse erfolgt einerseits über den Innenhof und den Erschliessungskern, andererseits können durch zusätzliche Abtrennungen mehrere Nutzer pro Geschoss unabhängig voneinander funktionieren. Während der zentrale Kern in konventioneller Bauweise die horizontale Aussteifung gewährleistet, setzt ein Holzskelettbau mit Vollholzstützen und Unterzügen in BauBuche-Furnierschichtholz die gewünschte Flexibilität um. Die integrale Ausbildung von Struktur und Ausbau forderte eine abgestimmte Planung mit einem hohen Grad an Vorfertigung und ermöglichte eine deutliche Reduktion der Bauzeit.


Neuartiges Holz-Beton-Tragsystem

Für das Bürohaus Suurstoffi 22 wurde eigens ein Holz-Beton-Verbund-Tragsystem entwickelt. Die sichtbaren, in der Fassadenebene liegenden vertikalen Holzstützen aus Brettschichtholz Fichte/Tanne sowie die innere, umlaufende Tragebene mit Stützen und Unterzügen in BauBuche sind dabei mit einer Holz-Beton-Verbunddecke kombiniert. Ins Traggerippe sind Holz-Beton-Hybriddecken mit integrierten Eco-Boost-Systemdeckenelementen eingehängt. Sie sind für die spezifischen Anforderungen eines Bürogebäudes konzipiert und dienen sowohl der Kühlung, Heizung und Lüftung als auch der Raumakustik. Sie sichern in Kombination mit der thermischen Aktivierung des Betons eine effiziente Raumregulierung. Darüber hinaus haben sie eine brandabschnittbildende Funktion, wirken schalldämmend und nehmen auch die Leitungsführung des Sprinklersystems auf. Im Gegensatz zum Innern, wo Holz den Räumen einen sinnlichen Ausdruck verleiht, wirkt die äussere Erscheinung des Gebäudes durch die tektonisch gefügte, matte, nicht brennbare Bekleidung in Alucobond zurückhaltend und elegant. Die Fassadenelemente mit einer Länge von je 5,75 Metern wurden im Werk vorgefertigt und mit einer zweilagigen Fermacell-Brandschutzbekleidung beplankt. Damit erfüllen diese Holzbauelemente die Vorgaben der Brandschutzvorschriften für die Verwendung von Baustoffen in Aussenwänden von Hochhäusern.

 

Ein Novum im Brandschutz
Mit einer Gebäudehöhe von 36 Metern ist Suurstoffi 22 brandschutztechnisch ein Novum in der Schweiz. Es zeigt, wie effizient ein Holzhochhaus gemäss den Brandschutzvorschriften VKF als Standardkonzept realisiert werden kann. Die beiden Kerne mit den vertikalen Fluchtwegen sind in nicht brennbarer Bauweise REI 90-RF1 erstellt. Durch die Anwendung des Löschanlagenkonzepts mit einer Sprinkleranlage als Vollschutz kann der geforderte Feuerwiderstand des Tragwerks und der Geschossdecken auf
60 Minuten reduziert werden. Der grosse Bürobereich ist vom ersten bis zum neunten Obergeschoss in Holzbauweise umgesetzt. Durch den Sprinklerschutz konnten die linear tragenden Bauteile der Holz-Beton-Verbunddecke, der Unterzüge und der Pfosten in Holz sichtbar und ohne Brandschutzbekleidung eingebaut werden.


Der Feuerwiderstand wird durch eine logische Konstruktionsweise mit Nachweis des Feuerwiderstands über Abbrand gewährleistet. Die Aussenwände in Holzbauweise werden mit einer Brandschutzbekleidung K?60-RF1 umhüllt. Die Fassadenbekleidung ist aus einer nicht brennbaren Verbundplatte. Zur Erhöhung des Personen- und Sachwertschutzes ist das Gebäude mit einer Brandmeldeanlage als Teilüberwachung ausgerüstet. Die technischen Brandschutzmassnahmen dienen zur Ansteuerung verschiedener Brandschutzeinrichtungen und gewähren die sofortige Alarmierung. Wie in konventionellen Hochhäusern werden die beiden Sicherheitstreppenhäuser und der Feuerwehraufzug mit einer Rauchschutz-Druckanlage gegen das Eindringen von Rauch geschützt. Sicherheitsbeleuchtung, Fluchtwegsignalisation, Löscheinrichtungen sowie Blitzschutz entsprechen den Vorgaben der Brandschutzvorschriften.

 

60 Meter hohes Holzhaus im Bau
Das Bürogebäude Suurstoffi 22 ist nur der erste Meilenstein hinsichtlich Höhenrekorde auf dem Areal in Rotkreuz. Es wird nicht allzu lang den Titel als höchsten Holzbau der Schweiz tragen. Grund dafür ist ein weiteres Projekt derselben Bauherrschaft, der Zug Estates AG: ein 60 Meter hohes Holzhochhaus, das Teil des neuen Campus der Hochschule Luzern (HSLU) sein wird. Der Grundstein für den neuen Holzturm mit seinen 15 Stockwerken ist bereits gelegt. 2019 soll der Campus fertig sein. Für 2020 ist der Abschluss auf dem gesamten Baufeld geplant.
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