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08/23 Zimmerin on Tour

BAUEN

«Das Highlight sind die Leute, die ich kennengelernt habe»

Sechs Monate lang war Lara Zwiefelhofer mit dem Wohnmobil von Holzbau Schweiz als «Zimmerin on Tour» unterwegs und verbreitete Wissen über ihren Beruf. Sie arbeitete in 28 Betrieben und besuchte 83 Schulen.

Interview Sue Lüthi Bilder Claudia Reinert, Holzbau Schweiz, Lara Zwiefelhofer

 

Zimmerin Lara Zwiefelhofer ist eine authentische Berufsfrau und zeigt deutlich, wie wichtig ihr die Freude an der täglichen Arbeit ist. Aber nicht nur das: Als «Zimmerin on Tour» verbreitete sie im Auftrag von Holzbau Schweiz in den vergangenen Monaten auch Details über das Holzbauhandwerk. Nach einem Sommerhalbjahr mit wöchentlich neuen Arbeitgebern, Schulbesuchen und Vorträgen ist die 25-Jährige kein bisschen müde – wedervon ihrem Beruf, noch von ihren Kommunikationsaufgaben. Das Magazin «Wir Holzbauer» traf sie in der Produktionshalle der Schmidlin Holzbau AG in Steinen (SZ) zu einem Rückblick.

Lara Zwiefelhofer, vor einem halben Jahr sind Sie in Kloten bei Zürich losgefahren – was waren Ihre herausragendsten Erlebnisse auf der Tour?

Lara Zwiefelhofer: Schwer zu sagen, die ganze Tour war ein Highlight. Wenn ich mich festlegen muss, dann kommt mir der Blockhausbau im Appenzell in den Sinn, der Aufbau an der Badenfahrt und einfach die vielen Leute, die ich kennenlernen durfte.

Warum hat Sie der Blockhausbau besonders fasziniert?

Das ist eine ganz andere Bauweise mit viel Handarbeit. Zum Beispiel haben wir die Baumstämme mit dem Zugmesser geschält. Eindrucksvoll waren auch die Arbeiten mit der Motorsäge, das feine Ausnehmen, das Bearbeiten des massiven Baumstamms – wie der riecht, das ist einfach eine Freude! Bearbeitet werden übrigens Rottanne, also Fichte, und Weisstanne und die erste Lage war Douglasie. Wir haben das Haus auf dem Firmengelände der Brädäx GmbH in Gonten zusammengebaut. Später wird es für den Transport auseinandergenommen und am Bestimmungsort wieder zusammengefügt. Der Blockhausbau wird in der Ausbildung nicht gelehrt, aber es gibt Kurse.

Können Sie sich vorstellen, sich auf etwas zu spezialisieren, zum Beispiel den Blockhausbau?

Das weiss ich jetzt noch nicht, es war einfach spannend und ich hätte gerne länger dort gearbeitet. In der Schweiz gibt es nicht so viele Betriebe, die das machen. In Kanada oder Finnland sind Blockhäuser mehr verbreitet.

Gehen wir weiter: Was war an der Badenfahrt speziell?

Die Arbeit im Team war einfach toll. Wir durften für einen Verein eine Bar aufstellen. Drei Mitarbeiter der Schäfer Holzbautechnik und ich haben die Konstruktion erstellt und die Leute vom Verein haben uns geholfen. Das Gestell war cool, alles war schräg und wir mussten viel vor Ort anpassen. Die Stimmung, das Badenfieber, hat mich gepackt, es war echt lässig.

Haben Sie auf der Tour etwas komplett Neues gelernt?

Sehr speziell für mich war der Aufenthalt bei der Schindler?&?Scheibling AG in Uster. Sie produziert Vollholzelemente ohne Leim, Metall oder Kunststoff. Das kannte ich so nicht. Sie legen Holzbretter aufeinander, bohren Löcher und schiessen komprimierte Buchenholzdübel hinein. Die Dübel werden bewässert, gehen auf und es entsteht ein massives Holzelement. Beeindruckt hat mich auch die wunderschöne Werkhalle in Saland im Tösstal, die die Firma neu gebaut hat. Ich durfte am Tag der offenen Tür dabei sein und an meinem Stand haben wir mit den Besuchern ein Modell der Werkhalle gebaut. Das war sehr lässig. Gefallen hat mir auch, dass dort viel mit Massivholz und Klotzbrettern gearbeitet wird. Spannend war es auch bei Cadwork. Wir haben das Wohnmobil mit dem Tachymeter, dem 3D-Scanner und einer Drohne eingemessen, die Daten ins Zeichensystem eingelesen und ich durfte etwas zeichnen.

Welches Projekt hat Ihnen besonders gefallen?

Im Emmental hat die Käser Holzbau AG einen Reitstall mit runden Bindern erstellt, diese Arbeit war auch sehr inte­ressant. In dieser Gegend erhielt ich auch Führungen in alten Berner Bauernhäusern mit den riesigen Dächern. Sie gefallen mir sehr gut. Auch die Appenzeller Häuser mit ihren gestemmten Fassaden bei einer fachkundigen Führung zu erleben, war interessant.


Gibt es auch Menschen, die ihnen besonders in Erinnerung bleiben?

Ich habe durchgehend tolle Leute getroffen (denkt lange nach). Alle waren aufmerksam und sind auf mich eingegangen. Egal in welcher Region, ich habe durchwegs positive Erfahrung gemacht. Eine Person, die mich schon sehr beeindruckt hat, ist Hansjörg Steiner (A. d. Redaktion: Präsident von Holzbau Schweiz und Geschäftsführer der Schäfer Holzbautechnik AG). Ich finde ihn toll, sehr sympathisch und authentisch. Ich finde, er hat eine gute Einstellung, ist geradlinig und auch naturnah. Besonders spannend war für mich auch der Austausch mit anderen Frauen, also Zimmerinnen. Das kam doch relativ oft vor, zwölf habe ich unterwegs getroffen.

Worüber sprechen Zimmerinnen?

Tja, wie es uns so geht in der Männerwelt.

Und, wie geht es?

Gut. Manchmal muss man sich etwas mehr beweisen. Doch wenn die Männer die Arbeit sehen, fallen die Vorurteile und es ist kein Thema mehr. Überhaupt haben die Holzbauer gerne Frauen im Betrieb. Sie sorgen für ein gutes Betriebsklima, der Umgang wird allgemein angenehmer.


Hatten Sie auch Freizeit?

Ich hatte drei Wochen Sommerferien. Ansonsten habe ich viel an den Wochenenden unternommen und war zwischen den Einsätzen mit dem Bike und den Wanderschuhen unterwegs. In der Schweiz hat es einige schöne Flecken.

Haben Sie genug vom Umherfahren?

Nein, ich fahre gern. Ich würde gerne weitermachen. Obwohl, es gab schon intensive Phasen. Drei Betriebe in einer Woche waren auch für mich viel. Aber eine oder zwei Wochen in einem Betrieb finde ich cool, ich reise gern herum. Eine Pause zwischendurch ist gut. Die administrative Arbeit ist schon auch nicht zu unterschätzen. Aber die coolen Menschen und Begegnungen wiegen das wieder auf.

Wie war das Feedback der Schülerinnen und Schülern?

Ich erhielt sehr positive Rückmeldungen. Ein Schüler sagte, das sei ein super Vortrag gewesen, ein anderer hat sich gleich für eine Schnupperlehre angemeldet. Wieder andere hörten still zu. Die Reaktionen sind unterschiedlich. Vieles läuft auch über die Social-Media-Kanäle. Die Schülerinnen und Schüler einer Primarschulklasse zum Beispiel stellten nach einem einstündigen Vortrag sehr gute Fragen zum Schwinden und Quellen des Holzes, arbeiteten fleissig mit an der Werkarbeit und ich hörte nachher 23 Mal, ich sei die beste Zimmerin und das wäre der schönste Schultag gewesen.

Wie sieht die Entwicklung auf den Social-Media-Kanälen aus?

Die Jungen sind extrem aktiv auf Snapchat und Tiktok, aber das ist nicht meine Welt. Für den Austausch schätze ich Instagram und Facebook, sonst bin ich eher offline unterwegs. Für die Tour waren die Kanäle aber wertvolle Werkzeuge.

 

 

«Der Besuch der Zimmerin on Tour hat für uns grosse Bedeutung.
Mit Blick auf den Fachkräftemangel ist es ein Vorteil, dass sie als Botschafterin den jungen Leuten den Beruf der Zimmerleute vorstellt. Für uns als kleiner Betrieb ist das hervorragend.»

Nick Käser, zukünftiger Nachfolger der Käser Holzbau AG, Weier im Emmental

 


Sie werben für den Beruf der Zimmerleute. Sehen Sie in diesem Metier auch Nachteile? Was würden Sie ändern, wenn Sie könnten?

Die körperliche Anstrengung ist schon ein Thema, doch es gibt viele Hilfsmittel. Der Holzbau wird immer moderner. Dann kann auch die Witterung eine Herausforderung sein. Doch es gibt auch da gute Kleidung. Ich finde, das Handwerk sollte mehr geschätzt werden, mehr Ansehen erhalten. Wir haben eine schöne Tradition und werden doch immer moderner. Ich habe gelernt, Berufsstolz zu zeigen. Das war meine persönliche Weiterentwicklung. Ich habe mir eine Kluft zugelegt, so dass ich nun in der Kluft an die Aufrichte gehe.

Was haben Sie jetzt für Pläne?

Irgendwann möchte ich mich sicher weiterbilden. Ich habe aber während der Tour ein paar spannende Projekte kennengelernt und auch Jobangebote erhalten. Zudem hat mich das Reisen gepackt, vor allem in Verbindung mit dem Arbeiten. Von mir aus könnte man die Tour verlängern. Wir mussten ein paar Stationen absagen, weil ich ausgebucht war. Zuerst mache ich eine Auszeit und versuche herauszufinden, was ich will.


Die Tour in Zahlen

  • 28 besuchte Betriebe
  • 8 Berufsmessen und regionale
  • Berufsausstellungen
  • 83 Schulbesuche, davon 23 Schulklassen mit Werkarbeit (Holzliege, Geschicklichkeitsspiele Jenga oder Kubb)
  • 8 Betriebsbesichtigungen
  • 218 Stories auf Instagram und Facebook plus 39 Reels, 43 Posts (Baustelleninterview mit Christina Bachmann-Roth, Präsidentin Die Mitte-Frauen)
  • 49 Tiktok-Videos
  • 132 Snapchat-Beiträge
  • 84 Medienberichte print und online plus je 2 Fernseh- und Radiobeiträge

holzbau-schweiz.ch/zot