05/2021 Angedockt
BEWEGEN
«Der Hunger nach Holz ist da»
Unter der weissen Blechfassade steckt ein Holzbau. Die Helfenstein + Muff Holzbau AG aus Sempach hat den Altbau aus den 1980er-Jahren mit einer Ständerkonstruktion und Brettstapel-Elementen ergänzt.
Interview Sue Lüthi | Bild Markus Lamprecht
Walter Helfenstein, seit über 25 Jahren führen Sie den Zimmereibetrieb Helfenstein + Muff Holzbau AG. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Ich stelle fest, dass heute das Thema Holzbau schnell ins Gespräch kommt. Wenn heute ein Bauprojekt ansteht, ist Holz sofort eine Variante. Vor 25 Jahren kam erst langsam auf, dass ganze Häuser in Holz eine Möglichkeit sind. Früher beschränkten wir uns oft auf Dachstühle und den Innenausbau. Der Bedarf an neuen Schulen, die schnell erstellt werden mussten und gleichzeitig Provisorien benötigten, beeinflussten das Bauen in Holz. Man schätzte das tiefere Gewicht, und die Veränderungen der Brandschutzverordnungen gaben der Branche gehörig Schub, so dass auch mehrgeschossige Häuser interessant wurden. Stark beteiligt waren sicher auch die neuen Ausbildungen, die engagierte Holzbauingenieure hervorbrachten. Wir sind eine konventionelle Zimmerei, die das ganze Spektrum des Holzbaus abdeckt, angefangen bei den Holzterrassen über Fassadenverkleidungen, den Systembau in Holz bis zu den Bodenbelägen aus Parkett. Auch bei den Umbauten und Sanierungen sind wir stark tätig. Wir haben ein grosses Know-how bei denkmalgeschützten Objekten und geniessen die Zusammenarbeit mit vielen Architekten. Bei solchen Arbeiten ist wie früher immer noch das Vertrauen gefragt, denn da muss der Zimmermann sein Handwerk beherrschen und mit der nötigen Sorgfalt vorgehen.
Mit wie vielen Leuten starteten Sie damals das Unternehmen?
Wir haben die Zimmerei Helfenstein mit acht Leuten übernommen und sind stetig ein wenig gewachsen. Mit dem Vorgängerbetrieb habe ich keine Verwandtschaft, mein Partner Josef Muff hatte dort die Lehre absolviert und daher bestand der Kontakt. Heute sind wir zwanzig Mitarbeitende und das ist für unsere Infrastruktur tipptopp. Mit dieser Anzahl können wir uns auch an grössere Objekte heranwagen.
Ist das Wachstum des Betriebs ein Thema?
Nein, nicht unbedingt. Wir möchten so bleiben. Unser Betrieb ist mitten im Städtchen Sempach, früher war rundherum noch Wiese, heute sind wir umgeben von Einfamilienhäusern. Kürzlich konnten wir ein Grundstück in der Gewerbezone erwerben und sind nun an der Planung eines Neubaus für Produktion und Büros.
Das Haus in Schenkon ist von aussen nicht als Holzbau erkennbar. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?
Mir gefällt, dass Holz als Konstruktionsmaterial gewählt wurde. Dies hatte sich in diesem Fall fast ein wenig aufgedrängt. Die Erweiterung auf zwei Seiten, währenddem die Bauherrschaft darin wohnte, war mit Holz schnell umsetzbar. Die Kombination mit anderen Materialien, hier mit einer Fassadenverkleidung aus Sinusblech, ist möglich, so ist die Auswahl für die Bauherrschaft grösser, und für diese müssen das Material und die Ästhetik schlussendlich stimmen. Mit einem Holzbau funktioniert das gut, darunter ist ein isolierter Ständerbau mit einer Hinterlüftung. Hier wünschte sich die Bauherrschaft eine möglichst homogene Oberfläche, bei der die vielfältigen Anschlüsse sauber gelöst werden konnten. Mir gefällt natürlich auch eine Holzfassade, aber ich kann gut mit anderen Fassadenmaterialien leben.
Die Decken sind mit Brettstapel-Elementen ausgeführt, wieso fiel die Wahl auf dieses System?
Die Brettstapel-Elemente waren ein Wunsch der Bauherrschaft und wurden für die Decken gewählt, die Wände sind eine normale Ständerkonstruktion. Es gibt ja verschiedene Arten von Massivholzdecken, doch das Preis-Leistungs-Verhältnis bei den Brettstapeldecken ist sehr gut, das war ein Kriterium, aber auch die Optik: Die Decke ist schön gleichmässig strukturiert, es sind keine Fugen zu sehen, da die Oberfläche mit einem gerillten Profil gewählt wurde. Damit erreichte man zudem gute Schall- und Akustikwerte.
Haben Sie wegen der aktuellen Preissituation Massnahmen getroffen?
Wir wurden alle ziemlich überrascht, als die Preise so nach oben schossen. Wir haben unsere Lager abgetragen, viel ist nicht mehr da. Ein Problem ergibt sich vor allem beim Leimholz, bei den Dreischicht-, den Mehrschicht- und den OSB-Platten. Diese werden jetzt sozusagen ab dem Band verkauft. Wir bearbeiten aktuell Objekte, die nicht so leimholzlastig sind: Terrassendecks, Sanierungen, Umbauarbeiten und Landwirtschaftsbauten. Dort können wir normales Schnittholz einsetzen, das gut erhältlich ist und aus der Region stammt.
Hatten Sie wegen dem Preis schon Aufschübe erlebt?
Ja, wir haben zwei Objekte, bei denen sich die Bauherrschaft überlegt, etwas zu warten. Wenn das Material um 40 Prozent teurer ist, kann dies das ganze Projekt schnell einmal um 20 Prozent verteuern. Wir haben noch Objekte, die mit dem alten Preis laufen, aber bei neuen Offerten muss man einen Hinweis machen, dass sich der Materialpreis ändern kann. Mittlerweile ist das Problem aber allgemein bekannt.
Sehen Sie mit dieser Situation eine Chance für mehr Schweizer Holz?
Ja. Weil es so schwierig ist, verarbeitetes Holz zu erhalten, geht der Blick wieder mehr ins eigene Land. Die Holzbauer versuchen, Holz aus dem Binnenmarkt zu erhalten, und da muss der Preis für alle stimmen, auch für die Holzwirtschaft. Der Hunger nach Holz ist da und wenn die Anreize stimmen, vergrössern sich die verarbeitenden Betriebe oder es entstehen vielleicht wieder neue Sägereien. Es ist schon tragisch, wenn das Material so teuer ist, aber es schadet auch nicht, einmal zurückzublicken und sich zu fragen, was wir hier tun. Ich finde das nicht nur schlecht.
Helfenstein + Muff Holzbau AG
Walter Helfenstein und Josef Muff übernahmen 1996 die Zimmerei von Hans Helfenstein – der gleiche Name ist Zufall. Gemeinsam führen die beiden Inhaber seither die Geschäfte der Zimmerei in Sempach. Walter Helfenstein (53) hat Zimmermann gelehrt und sich zum Meister weitergebildet, Josef Muff ist Zimmerpolier und Geschäftsleiter SIU. Der Betrieb ist regional im Wohnungs-, Gewerbe-, und Landwirtschaftsbau tätig und beschäftigt 20 Zimmerleute und fünf Lernende. Helfenstein + Muff ist ein reiner Zimmereibetrieb mit Arbeiten in den Bereichen Bodenbeläge, Treppenbau und Verkleidungen. Kürzlich konnten die Geschäftsleiter ein Grundstück in Sempach erwerben, nun steht die Planung für einen Neubau für Produktion und Büros an. hm-holzbau.ch