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06/2019 Das Eigenheim

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Feuer und Flamme für die Vertiefungsarbeit

Rund 550 Vertiefungsarbeiten wurden in diesem Jahr an der Gewerblichen Berufsschule Wetzikon geschrieben – 62 von angehenden Zimmerleuten. Einer von sechs Preisträgern über alle vierjährigen Lehrberufe ist Zimmermann Martin Wolfensberger. Er überzeugte mit einer Rauchkammer aus Holz.

Text Dorothee Bauland, Sandro Salvetti | Fotos Martin Wolfensberger

 

«Wie es für die meisten Menschen in der Schweiz selbstverständlich ist, dass man Fleisch abgepackt im Laden kauft», erklärt Martin Wolfensberger seine Motivation, «war es für mich schon als kleiner Bub nichts Ungewöhnliches, bei der Schlachtung und Verarbeitung von Schweinen zu diversen Fleischwaren dabei zu sein.» Heute, zwanzig Jahre später, fasziniere ihn die Verarbeitung und Konservierung von Fleischwaren immer noch. Deshalb reifte in ihm die Idee, für die Vertiefungsarbeit eine Rauchkammer aus Holz zu entwickeln und zu konstruieren.


Der Bau der Rauchkammer habe ihn handwerklich durchaus gefordert, so Wolfensberger. Zunächst hätte er sich mit der Funktions- und Bauweise auseinandersetzen müssen. Im Rahmen der Vertiefungsarbeiten mussten dann die Planung, der Bau- und auch der Räucherungsprozess ausführlich beschrieben werden. Der junge Zimmermann machte sich aber auch Gedanken zur Geschichte des Räucherns sowie zu den Gewürzen und holte sich bei einem Interview Tipps vom Geschäftsführer einer Schinkenräucherei.

Bau der Rauchkammer
Beim Bau seiner Rauchkammer aus Holz orientierte sich Wolfensberger dann an einer Räucherkammer aus Eisen, die in seinem Elternhaus steht, aber nicht mehr in Betrieb ist. Nachdem er seinen ersten Entwurf als zu gross und kompliziert wieder verwerfen musste, schien ihm der zweite Plan dann zur Umsetzung geeignet. Zunächst machte er sich mit der mobilen Blockbandsäge seines Vaters ans Werk. Dann wurden die Kanthölzer (80 × 80 mm) abgerichtet und gehobelt. Die Bretter für die Schalung hobelte er auf eine Dicke von 20 Millimetern. Insgesamt misst der Rauchofen nun 1 × 0,75 Meter in der Grundfläche und rund zwei Meter in der Gesamthöhe. Die Dachneigung beträgt 15 Grad, die Dachhaut besteht aus einer Eternitplatte. Für den Rauchabzug wählte er ein Fliegengitter, wie es sonst bei Hinterlüftungssystemen eingesetzt wird, und der Ofen selbst besteht aus einem alten, sandgestrahlten Ölfass, an das ein Ofenrohr geschweisst wurde.


Holz aus eigenem Wald

Dass bei seinem Projekt nicht immer alles reibungslos lief, beschreibt Wolfensberger in seiner Vertiefungsarbeit. Beispielsweise gestalteten sich die Schweissarbeiten am Ofen als schwierig. «Weil das mit den Schweissarbeiten nicht so gut funktionierte, entschloss ich mich dazu, das Türchen an der Frontseite anzunieten», so der Zimmermann. Rückblickend stellt er fest, dass es ihm nach einem guten Start ab der Hälfte der Arbeit doch recht schwerfiel, dranzubleiben. «Da wir es bei der Arbeit auch gerade sehr streng hatten, war ich am Abend oft müde und konnte mich manchmal nicht aufraffen, an der VA zu arbeiten.» Eine besondere Freude sei es jedoch für ihn gewesen, dass alles Holz, welches er verwendete, aus dem eigenen Wald stammte, er beim Fällen der Bäume dabei war und die Stämme anschliessend zusammen mit seinem Vater auf der eigenen, kleinen Blockbandsäge bearbeiten konnte. «Jetzt bin ich mit meinem Ergebnis sehr zufrieden und freue mich über das gelungene Resultat», so das Fazit der Lehrabgängers. «In Zukunft kann mein Vater seine selber hergestellten Würste und Fleischwaren in meinem Häuschen räuchern.»

Die Vertiefungsarbeit

Die Vertiefungsarbeit (VA) ist ein Teilbereich der Abschlussnote für das Qualifikationsverfahren (QV) in der Allgemeinbildung. Neben der Erfahrungsnote und der Schlussprüfung zählt die VA ein Drittel zur Abschlussnote des QV Allgemeinbildung. Die VA hat ein grosses Gewicht. So können Regelverstösse (beispielsweise Kopieren einer anderen Arbeit) zur Folge haben, dass das QV im Bereich Allgemeinbildung nicht abgeschlossen werden kann und der Lernende kein Fähigkeitszeugnis erhält. Die Arbeit wird im letzten Lehrjahr als Einzel- oder Gruppenarbeit durchgeführt. In der Schule stehen für die Erarbeitung des Produkts acht Wochen zur Verfügung, eine erfolgreiche VA erfordert aber klar zusätzlichen Einsatz in der Freizeit. Die VA ist quasi das «Gesellenstück» in der Allgemeinbildung. Es werden die während der Lehre erworbenen Kompetenzen (sich organisieren; die korrekten Vorgehensweisen anwenden; wissen, wie Informationen beschafft werden; im Team arbeiten; sich sprachlich korrekt ausdrücken; eine Arbeit nach Vorgaben verfassen und präsentieren) überprüft. De facto geht es um die Frage, ob ein Lernender fähig ist, selbständig ein Projekt von der Konzeption bis zum Abschluss erfolgreich durchzuführen. Die Rahmenbedingungen der VA sind kantonal festgeschrieben, die Form der VA wird in den einzelnen Lehrplänen der Schulen geregelt. Üblicherweise ist es so, dass die Lernenden ein schriftliches Produkt abgeben, gefolgt von einer Präsentation. Ein drittes Bewertungselement ist die Beschreibung des Erarbeitungsprozesses. Die Lernenden müssen verschiedene Wege begehen, um die für die Arbeit notwendigen Informationen zu beschaffen: Sie führen Interviews oder Umfragen durch, erstellen einen Erfahrungsbericht und recherchieren im Internet. An der Gewerblichen Berufsschule Wetzikon werden jedes Jahr zwei Dachthemen für die gesamte Schule festgelegt. Die Lernenden erarbeiten dann auf der Basis dieses Oberthemas ihr eigenes Thema; die Gestaltungsfreiheit ist dabei gross. Attestlernende haben zusätzlich die Möglichkeit, eine VA über ihren Fachbereich zu schreiben. Die diesjährige VA hatte
die Dachthemen «Veränderung» und «Mit Herz und Hand». Rund 550 Arbeiten wurden geschrieben, die besten 20 prämiert und ausgestellt. Sechs der 20 Preise gingen an Lernende der vierjährigen Lehre. gbwetzikon.ch