02/2016 Seilschaft für die Weissensteinbahn
BAUEN
Holzbau im Fokus der Swissbau
Am Holz kam an der Swissbau 2016 kaum jemand vorbei. Über 100 000 Besucher lockte die wichtigste Schweizer Baufachmesse in die Basler Messehallen. Neben den Netzwerkanlässen zu Digitalisierung und Energieeffizienz war der Holzbau das prägende Thema. Im Zentrum stand dabei der zweistöckige Buchenpavillon der Fagus Jura, prominent platziert im Swissbau-Focus-Areal.
Die Mauer, die zur Eröffnung der Swissbau – passenderweise von Bundesrat Ueli Maurer – mit einem Schlussstein gekrönt wurde, konnte nicht darüber hinwegtäuschen: Die diesjährige Swissbau hätte auch «Holzbau» heissen können. Das zumindest meinten nicht wenige der Protagonisten und zahlreichen Besucher, die sich im Laufe der fünf Messetage in der Halle Süd einfanden. Dort drehte sich auf dem Areal des Netzwerk- und Veranstaltungsformats Swissbau Focus alles um die Frage «Rettung durch Technik?» und vieles ums Holz. Vortragsreihen zu leanWood, «Architektur und Holzbau im Dialog», «Bauen mit Buche» oder «Bauen für die Zukunft – Beton und Holz!» waren nur einige der Veranstaltungen, die einen speziellen Bezug zum Holzbau hatten und in der Branche auf grosses Interesse stiessen. Ebenfalls wegweisend für die Baubranche waren die Vorträge und Diskussionen zum Building Information Modeling (BIM) und zu den Nachhaltigkeitsthemen. Doch letztlich stand bei den mehr als 70 Veranstaltungen vor allem eines im Fokus: der Pavillon aus Buchenholz – Eyecatcher und Treffpunkt der Holzbaubranche.
Holzpavillon begeisterte hunderte Architekten
Wer in der Messehalle Süd die Einlassschranken passierte, steuerte direkt auf den zweigeschossigen Buchenholzpavillon zu. Auf der unteren Ebene der ellipsenförmigen Grundfläche waren ein Empfangscounter, ein Bistro und eine Garderobe untergebracht. Rund um die zentrale Treppenspindel drehten sich die Buchenstufen in das Obergeschoss. Dort schirmten zarte Vorhangschleier dezent vom Trubel der Podiumsveranstaltungen ab und gaben zwischen den filigranen Buchenstützen gleich noch den Blick auf das Messegeschehen frei.
Der elegante Pavillon war definitiv der Besuchermagnet an der Swissbau 2016. Projektleiter Stefan Vögtli von der Fagus Jura SA führte während der fünf Messetage rund 400 Architekten und andere Messebesucher durch den Pavillon und erklärte die filigrane Holzkonstruktion, die – von den Verbindungen bis zu den Trägern – vollständig aus Schweizer Buchenholz gefertigt war. Für die Verwendung von heimischem Holz durfte Vögtli während der Messe das «Herkunftszeichen Schweizer Holz» der Lignum entgegennehmen.
Der Werkstoff Buche erreicht die Bauwirtschaft
Mit seiner schlanken Bauästhetik zeigte der Pavillon vor allem das grosse Potenzial des Hochleistungsbaustoffs Buche auf. Bisher wurde Buchenholz in der Baubranche noch wenig beachtet. Zu unrecht, wie Maurice Berrel, Architekt und Mitinhaber von BBK Architekten, findet: «Der Pavillon ist ein Vorbildexemplar und zeigt, was mit Buchenholz konstruktiv erreicht werden kann. Hohe Festigkeit und geringes Eigengewicht lassen eine filigrane Baukonstruktionen zu.» Berrel hat den 15 Meter langen, zehn Meter breiten und 6,80 Meter hohen Pavillon zusammen mit Holzbauingenieur Hermann Blumer geplant. Besonders wichtig war dem Architekten das filigrane Erscheinungsbild, das an die japanischen Reispapierlampen des Designers Isamu Noguchi erinnert. Dabei haben die schlanken Stützen und Träger aus Buchenholz genug Festigkeit, um die Lasten des zweigeschossigen Pavillons zu übernehmen. Blumer erklärt: «Der Pavillon soll zeigen, was die Buche mit reinen Holzsteckverbindungen alles zu leisten vermag.» Dass die dünnen Buchenstützen die Last eines zweigeschossigen Pavillons leicht tragen können, bestätigt auch Thomas Rohner, Professor an der Berner Fachhochschule BFH: «Die statischen Eigenschaften des Buchenholzes sind vergleichbar mit jenen von Stahl und Beton.»
Ist Buche die Zukunft des Holzbaus?
Die Zukunft des Holzbaus war im Swissbau Focus ein grosses Thema und wurde in täglichen Veranstaltungen diskutiert. Ein besonderes Highlight war dabei die Veranstaltung «Bauen mit Buche – neue Wege in die Holzzukunft» unter dem Patronat der neu initiierten «Denkfabrik Buchentisch». Kantonsforstingenieur Ueli Meier machte im Rahmen dieser Vortragsveranstaltung darauf aufmerksam, dass der vermehrte Einsatz von Buchenholz auch der Klimabilanz zugute käme. «Das Bauen mit Buche reduziert unseren ökologischen Fussabdruck gleich auf verschiedenen Stufen. Man spart an energieintensiven Baumaterialien wie Stahl und Beton, bindet gleichzeitig CO2 in die Gebäude ein und ermöglicht die Kaskadennutzung. Ein Ziel, das der Bund mit der Waldpolitik 2020 verfolgt.» Die Buche berge ausserdem das grösste Innovationspotenzial der Schweizer Hölzer und dieses scheint längst nicht ausgeschöpft zu sein.
«Wohin führt der Holzweg?» Dieser Frage stellte sich Bruno Abplanalp, CEO neue Holzbau AG. Er erläuterte die technischen Möglichkeiten der Hartholzverarbeitung und präsentierte seinen Zuhörern einige Projekte, die in den letzten Jahren mit Buchenkonstruktionsholz errichtet wurden. Aktuell entsteht unter Einsatz von Buchenholz die neue Firmenzentrale der Raurica Wald AG in Muttenz mit einem Primärtragwerk aus Buche-BSH.
Auch Thomas Rohner denkt als Forscher weiter: «Die Buche bietet die Möglichkeit, relativ einfach Inhalte in die Zellen und Zellwände einzubringen. «Das können Imprägnierungen sein, aber auch Salze, die unter Umständen chemisch und physikalisch wieder ausgewertet werden können. Das heisst, dass wir vielleicht bald aus Buchenbretter Strom erzeugen können.» Speziell an der Buche sei das Verhältnis von Festigkeit und Gewicht. So ist Stahl bei fast gleicher Zugfestigkeit etwa 16 Mal schwerer. Und auch mit Beton kann es das Buchenholz in Sachen Druckfestigkeit problemlos aufnehmen. «Wir sollten mit Buchenholz vor allem die hybride Bauweise anstreben», beschreibt Rohner die optimale Vermischung verschiedener Materialien und Bauweisen; Beton im Fundament und Buchenholz in der Struktur. Als Forscher interessiere ihn das Buchenholz, weil es das grösste Innovationspotenzial aller heimischen Hölzer habe. Zum einen biete Buchenholz hervorragende Möglichkeiten im Ingenieurwesen. Rohner: «Die Leistungsfähigkeit im Tragwerkbereich und die vielen neuen Möglichkeiten in der Anschlusstechnologie sind überaus spannend.» Zum anderen könne die Zellstruktur der Buche leicht verändert und modifiziert werden. So könne das Holz schwer brennbar und verrottungsfest gemacht werden. «Buche hat ausserdem kein Harz, stösst also keine Reizstoffe aus – für Allergiker ein wichtiger Aspekt.»
Dass sich das Buchenholz für den konstruktiven Holzbau eignet, hätten Forschende schon vor 30 Jahren nachgewiesen, so Rohner. Weil Buchenholz wegen seiner Zähigkeit und Härte jedoch wesentlich schwieriger zu verarbeiten ist als übliches Bauholz, habe man sich dennoch lange nicht an das Holz herangewagt. Mit dem technischen Fortschritt und dem Vormarsch der Buchen in den Wäldern Mitteleuropas sei nun auch das Bedürfnis nach einer sinnvollen Nutzung des Holzes gewachsen. fagusjura.ch
Bauen mit Buche – neue Wege in die Holz-Zukunft from Fagus Jura SA on Vimeo.