02/2021 Auf der Dachterrasse
BEWEGEN
Kollektive Schutzmassnahmen
Vier Holzbaubetriebe widmeten sich während eines Jahres intensiv der Arbeitssicherheit und dem Gesundheitsschutz. Dabei wurden sie von Holzbau Vital begleitet. Über ihre Erfahrungen berichten sie im Magazin «Wir Holzbauer». Im Fokus dieser Ausgabe stehen die kollektiven Schutzmassnahmen auf den Baustellen.
Persönliche Schutzmassnahmen für Einzelne reichen nicht immer aus, um die Gesundheit von Mitarbeitenden zu sichern. Damit alle Personen in einem Gefahrenbereich geschützt sind, werden kollektive Schutzmassnahmen getroffen. Der kollektive Schutz ist effektiver und dem persönlichen Schutz vorzuziehen. Die Bauarbeitenverordnung versteht unter den kollektiven Schutzmassnahmen auch alle baustellenspezifischen Massnahmen, die von mehreren Unternehmern benutzt werden.
Bauarbeitenverordnung regelt die Massnahmen
Wichtige kollektive Schutzmassnahmen sind für Zimmerleute das Fassadengerüst mit der entsprechenden Dachrandsicherung, der Spenglergang, die Dachdeckerschutzwand, der Seitenschutz, das Auffangnetz, das Fanggerüst und die Dachfangwand. Die Massnahmen sind bei Absturzkanten ab zwei Metern Höhe sowie bei Montagekanten und Arbeiten auf Dächern ab drei Metern Höhe einzusetzen. Geregelt sind diese Massnahmen in der Bauarbeitenverordnung. Ausnahmen sind nur möglich, wenn kollektive Schutzmassnahmen technisch nicht anwendbar sind oder deren Installation zu gefährlich wäre. In der Regel sind die kollektiven Schutzmassnahmen einfacher anzuwenden als individuelle Massnahmen, sie bieten einen grösseren Schutz und erleichtern das Arbeiten: Zum Beispiel ist die Sanierung eines Daches mit einem umlaufenden Gerüst, das Traufe und Ort sichert, sehr viel praktikabler und auch sicherer, als wenn die Zimmerleute auf dem Dach mit einer Seilsicherung arbeiten müssten.
Verantwortung für die Schutzmassnahmen
Alle am Bau Beteiligten sind in irgendeiner Form für die kollektiven Schutzmassnahmen verantwortlich. Der Bauherr, meist durch eine Bauleitung vertreten, hat die Bauarbeiten und die entsprechenden Massnahmen zu planen und zu bestellen. Der Unternehmer muss die für ihn wichtigen Massnahmen spezifizieren und vom Bauherrn die Umsetzung verlangen. Die Nutzer der Schutzmassnahmen sind verpflichtet, eine tägliche Sichtkontrolle durchzuführen und Mängel sofort zu melden oder zu beheben. Die angebrachten Schutzmassnahmen werden in der Regel vom Ersteller an den Bauherrn übergeben, dabei ist mit Vorteil zu regeln, wer für den Unterhalt der angebrachten Einrichtungen zuständig ist. Änderungen, zum Beispiel beim Gerüst nach dem Aufrichten das Innengeländer zu entfernen oder bei Fassadenarbeiten nicht mehr notwendige Konsolen zu demontieren, sind nur durch den Ersteller, oder in Absprache mit diesem, vorzunehmen.
Einsatz der Massnahmen im Holzbau
Oft sind die Holzbauer die Ersten auf der Baustelle, für die eine entsprechende Massnahme erforderlich wird. Der schnelle Arbeitsfortschritt im Holzelementbau verlangt zusätzlich sichere und praktikable Lösungen wie zum Beispiel einen mobilen oder vormontierten Seitenschutz. Auch müssen die Massnahmen oft von den Holzbauern selbst oder – wie es häufig bei der Montage von Auffangnetzen der Fall ist – zusammen mit einem anderen Unternehmen erstellt werden. Nachfolgend berichten vier Betriebe über ihre Erfahrungen mit den kollektiven Schutzmassnahmen.
Weitere Informationen liefern das neue Plakat «Kollektive Absturzsicherungen» von Holzbau Vital und der Leitfaden «Umsetzung BauAV im Holzbau».
holzbau-vital.ch
Alwin Rütsche
Welche kollektiven Schutzmassnahmen bevorzugen Sie bei der Montage von Deckenelementen und warum?
Für uns sind in der Arbeitssicherheit Flexibilität, Nachhaltigkeit und einfache Handhabung wichtige Faktoren. So bevorzugen wir bei Deckenelementen die Montage von Seitenschutzgeländern. Hierfür haben wir zwei Systeme, die je nach Situation gewählt werden: die Konsolen mit Steckpfosten, die meist bei Absturzkanten in Treppenhäusern und bei grossen Öffnungen genutzt werden. Sie werden vorgängig im Werk auf Mass vorbereitet – also ein hoher Vorfertigungsgrad im Bereich der Arbeitssicherheit. Die zweite Variante, ein verschiebbar temporäres Schutzgeländer mit Gegengewicht, ist eher bei grösseren Projekten im Einsatz. Das Produkt ist einfach bedienbar, hat ein geringes Gewicht und kann leicht verschoben werden.
Wie ist das Feedback Ihrer Mitarbeitenden zum mobilen Seitenschutz?
Das Feedback der Mitarbeitenden ist gut, da die wichtigsten Faktoren wie Vorfertigung, Flexibilität, Wiederverwendung und einfache Handhabung gewährleistet sind.
Stefan Brügger
Wo sehen Sie die Vorteile bei den heutigen geforderten Massnahmen im Vergleich zu der Zeit vor 30 Jahren?
Durch die Anforderungen an die Arbeitssicherheit hat sich das Angebot der Sicherheitsausrüstungen laufend weiterentwickelt. Vieles muss nicht mehr selbst konstruiert werden. Heute werden gute Lösungen angeboten, die es erleichtern, die Arbeitssicherheit einzuhalten. Dadurch kann Zeit eingespart und die Effizienz gesteigert werden.
Wie setzen Ihre Mitarbeitenden die Kontrolle der Schutzmassnahmen um und wie ist das Vorgehen, wenn beispielsweise bei einem Gerüst ein Mangel festgestellt wird?
Unsere Mitarbeitenden führen täglich Sichtkontrollen durch und beurteilen den Zustand der Schutzmassnahmen selbstständig. Kleinere Korrekturen beheben sie nach Absprache selbst, sind es aber grössere Mängel, wird die Bauleitung informiert und die Anpassung durch den Ersteller, zum Beispiel den Gerüstbauer, veranlasst.
Andreas Wermelinger
Aus welchem Grund sollen schon in der Offert- und Planungsphase die kollektiven Schutzmassnahmen beachtet werden?
Kollektive Schutzmassnahmen auf der Baustelle sind durch den Bauherrn zu planen und vom Unternehmer zu spezifizieren. Machen wir die Sicherheit bereits in der Planungsphase aktiv zum Thema, lassen sich gute Lösungen finden. Wird dem Sicherheits- und Montagekonzept zu spät die nötige Beachtung geschenkt, ist das oft mit Kompromissen verbunden.
Welche Schutzmassnahme bevorzugen Sie bei der Montage von Hallen und was sind die Vorteile dabei?
Im Hallenbau kombinieren wir oft verschiedene Hilfsmittel, deshalb gibt es nicht nur eine richtige Antwort. Häufig werden zum Aufrichten der Konstruktion Hebebühnen verwendet. Für die Fassade und den Spenglerlauf setzen wir auf das Fassadengerüst. Der Absturz nach innen wird mit Personenauffangnetzen gewährleistet.
Mario Jost
Wo sehen Sie die Vorteile der kollektiven Schutzmassnahmen gegenüber den individuellen, persönlichen Massnahmen?
Durch geeignete kollektive Massnahmen ist es möglich, sich beim Arbeiten – gerade bei Montagen – freier und somit effizienter zu bewegen. So können sich auch Personen von anderen Gewerken früh und individuell bewegen, um an die für sie wichtigen Arbeitsstellen zu gelangen.
Wer erstellt bei Ihnen die kollektiven Schutzmassnahmen und wie organisieren Sie diese?
Meistens sind die kollektiven Massnahmen durch die Bauherrenvertretung / die Bauleitung abgedeckt. Doch bei Elementmontagen, wo sich die Situation durch den Baufortschritt schnell ändert, liegt die Verantwortung bei uns. Diese Schutzmassnahmen werden schon in der Planungsphase durch die Projektleiter definiert und organisiert. Bei Bedarf, zum Beispiel bei Netzmontagen, werden externe Fachfirmen beigezogen. Ein gut geplanter Aufrichtablauf und diverse Massnahmen, zum Beispiel das Schliessen von Bodenöffnungen oder das Montieren von provisorischen Geländern schon vor der Montage, leisten einen grossen Beitrag zum kollektiven Arbeitsschutz.