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04/2025 Der Region verpflichtet

BAUEN

Seniorenresidenz für Pferde

Die «Stiftung für das Pferd» bietet betagten Rössern, Ponys und Eseln einen würdevollen Altersruhesitz. Mit «Les Murs» im Jura ist nun ein vierter Standort entstanden, wo Pferdefreunde ihre Tiere in liebevolle Obhut geben können.

Text Susanne Lieber Bilder Alexander Gempeler; Christine Blaser (Bildaufbau Fotografie) Pläne Schär Buri Architekten BSA SIA

Gegründet wurde die «Stiftung für das Pferd» 1958 vom Journalisten und leidenschaftlichen Reiter Hans Schwarz in Bern. Der Leitgedanke: «Pferde helfen Menschen, Menschen helfen Pferden.» Und so bietet die Stiftung ehemaligen Arbeits-, Sport- und Freizeittieren einen Altersruhesitz, wo sie bei liebevoller Pflege ihren Lebensabend geniessen dürfen. Im Jura werden vier solche Pferdeheime für insgesamt 200 Rösser betrieben: «Le Roselet» (bei Les Breuleux), «Le Jeanbrenin» (bei Tramelan) sowie «Maison Rouge» und «Les Murs» (jeweils in Les Bois).

Der Standort «Les Murs» wurde 2022 fertiggestellt. Fünf Jahre zuvor konnte das Anwesen von der Stiftung erworben werden. Das Hofensemble – südlich der 1250-Seelen-Gemeinde Les Bois gelegen – umfasst neben dem neuen Pferdestall auch einen neuen Kleintierstall für Hühner und Ziegen sowie eine Remise. Historisches Herzstück des Hofs ist das 1825 erbaute Bauernhaus, das dem traditionellen Bautypus der Region mit dicken Bruchsteinmauern entspricht, in diesem Falle allerdings nicht geschützt ist. Aufgrund seiner Baufälligkeit wurde es grundsaniert und umgebaut. Auf der Südseite des Gebäudes befinden sich nun eine grössere sowie eine kleinere Wohnung, die sich insgesamt über drei Etagen erstrecken. Auf der Nordseite, wo sich früher ein Kuhstall befand, ist über die gesamte Gebäudelänge und -höhe ein neues Lager für Heu und Stroh untergebracht. Über ein Vertikaltor, das sich über Seilzüge öffnen lässt, kann das angelieferte Heu und Stroh mit dem Heukran eingebracht werden. 

Altes Bauernhaus – Liaison zwischen Bruchstein und Holz
Die bestehende Substanz des Bauernhauses war in schlechtem Zustand. Es musste zunächst rückgebaut werden. «Wir haben dabei versucht, die bis zu 70 Zentimeter dicken Bruchsteinmauern der Aussenwände so gut wie möglich zu erhalten», erklärt Carole Kipfer von Schär Buri Architekten. Darin beziehungsweise darauf sitzt der neue Holzbau. Der Erschliessungskern wurde betoniert und zwischen Wohn- und Lagerbereich eine Brandmauer gesetzt, die gleichzeitig statisch wirksam ist. Die Eingänge zu den Betriebswohnungen liegen jeweils auf unterschiedlichen Seiten des Gebäudes, was für erhöhte Privatsphäre sorgt. 

Pferdestall – würdevoller Alterssitz
Westlich des Bauernhauses bilden die drei neuen Holzbauten – zum einen der Pferdestall mit 19 Boxen, zum anderen die gegenüberliegende Remise sowie der Kleintierstall auf der Stirnseite – einen grosszügigen Hofbereich. Beim Pferdestall handelt es sich um das grösste Gebäude, dessen Länge und Breite sich aus den vorgeschriebenen Abmessungen der  Pferdeboxen und des befahrbaren Mittelkorridors ergeben. Jedem Pferd steht eine Fläche von zwölf Quadratmetern zu, wobei die Tiere tagsüber in der Regel draussen auf der Weide oder auf dem Trockenplatz sind. Der Stall ist hier ebenfalls als Holzbau konzipiert, jedoch sind seine Giebelwände in sandgestrahltem Beton ausgeführt. Das hölzerne Tragwerk selbst ist stützenfrei und wurde von der Remund Holzbau AG aus Schwarzenburg (BE) realisiert. Der Betrieb konnte sich gegenüber lokalen Unternehmen durchsetzen und erhielt den Auftrag für sämtliche Holzbauarbeiten bei diesem Bauprojekt.

Prägnant beim Pferdestall sind die grossen Satteldach-Bogenbinder aus Brett-schichtholz, die den Stall überspannen. Darüber liegen Sparrenpfetten, die die Basis für den weiteren Dachaufbau bilden. Besonders ist hierbei, dass die Sparrenpfetten mit der Oberkante der Binder bündig abschliessen und quasi in die Binder eingelassen wurden. Aus ästhetischen Gründen. Überhaupt wurde beim Bau ein ungewöhnlich grosses Augenmerk auf die architektonische Gestaltung, aber auch auf Nachhaltigkeit gelegt. 

Innen hell, aussen geschützt
Belichtet und belüftet wird der Stall über die Fenster der einzelnen Boxen, die sich in regelmässigen Abständen über die Fassade verteilen. Zudem wurde in der Mitte des Satteldachs ein Oberlicht integriert, das über die gesamte Gebäudelänge verläuft. Im Aussenbereich bildet das Dach einen weit auskragenden Unterstand, der sowohl Mensch als auch Tier vor Regen und Sonne schützt. Gegenüber vom Pferdestall liegt die etwas kleinere Remise, die nach dem gleichen Konstruktionsprinzip wie der Pferdestall aufgebaut ist. Hier befinden sich ein Büro, Toiletten sowie Wirtschafts- und Lagerräume. Beim Kleintierstall für die Ziegen und Hühner handelt es sich um einen einfacheren Holzbau, der aber für das Hofensemble eine wichtige Funktion übernimmt: Durch seine Setzung bildet er nicht nur den stirnseitigen Abschluss des Hofs, sondern schottet gleichzeitig auch das alte Bauernhaus etwas ab, um den Bewohnern dort mehr Ruhe zu verschaffen. Oder ist es womöglich umgekehrt … und man gönnt damit den Tieren mehr Ruhe vom Menschen? schaerburi.ch, philippos.ch

Pferdestall, Remise und Bauernhaus

Projekt: Les Murs – Stiftung für das Pferd
Fertigstellung: 2022
Bauherrschaft: Stiftung für das Pferd, Les Breuleux (JU) mit Sitz in Bern
Architektur: Schär Buri Architekten BSA SIA, Bern, (Projektleitung: Carole Kipfer)
Holzbauingenieur: Remund Holzbau AG, Schwarzenburg (BE)
Holzbau: Remund Holzbau AG, Schwarzenburg (Projektleitung: Jonas Vogelsanger, Markus Gibel)
Holzleimbau: Roth Burgdorf AG, Burgdorf (BE)
Konstruktion/Tragwerk (Stall und Remise): Satteldach-Bogenbinder mit Sparrenpfetten
Holzart (Stall und Remise): BSH, KVH
Geschossfläche: 1052m2 (Wohnhaus), 442m2 (Pferdestall), 326m2 (Remise)


Remund Holzbau AG

Der Familienbetrieb aus Schwarzenburg (BE) besteht bereits seit über 150 Jahren und wird inzwischen von der fünften Generation geführt. Das Tätigkeitsfeld der Zimmerei umfasst Wohnbauten, Industrie- und Gewerbebauten, landwirtschaftliche Bauten, Umbauten und Aufstockungen. In der Schreinerei werden unter anderem Treppen, Türen, Tore, Möbel und Küchen gefertigt. Auch Dienstleistungen im Bereich Baumanagement werden angeboten. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen aktuell 
55 Mitarbeitende.
remund-holzbau.ch